Welche Auswirkung hat die grüne Steuerpolitik auf Unternehmen?

Steuern werden zunehmend als Instrument dafür genutzt, um Klimaziele zu erreichen. Davon sind nicht nur Privatpersonen, sondern insbesondere Unternehmer betroffen. Das macht es erforderlich, dass das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen nicht nur aus einzelnen Reaktionen auf staatliche Vorgaben besteht, sondern ganzheitlich betrachtet werden muss. Die entscheidende Frage dabei lautet: Wie können Unternehmer dabei am besten vorgehen?

In diesem Artikel erfährst du, welche Pläne die Europäische Union in den nächsten Jahren hat, um ihre selbst gesteckten Klimaziele zu erreichen und wie sich das auf die Steuern eines Unternehmens in Deutschland auswirkt. Dabei gehen wir insbesondere auf die Energiesteuerrichtlinie, Umsatz- und Gewerbesteuern sowie auf die Plastiksteuer ein.

Der Plan der EU für den grünen Wandel: „Fit für 55“

Die Europäische Union hat sich das verbindliche Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Das bedeutet, dass sich die Menge an schädlichen Klimagasen in der Atmosphäre durch das Handeln der einzelnen Mitgliedsstaaten insgesamt nicht erhöht.

Damit handelt die EU nach den Vorgaben der Vereinten Nationen, die im Rahmen ihrer „Agenda 2030“ insgesamt 17 Ziele für die nachhaltige Entwicklung festgelegt hat, an deren Umsetzung seit dem Jahr 2016 alle teilnehmenden Länder intensiv arbeiten. Einige davon betreffen auch mittelbar oder unmittelbar deutsche Unternehmen und müssen deshalb mit „Fit für 55“ in Einklang gebracht werden:

  • Ziel 6: Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen
  • Ziel 7: Bezahlbare und saubere Energie
  • Ziel 9: Industrie, Innovation und Infrastruktur
  • Ziel 12: Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion
  • Ziel 13: Maßnahmen zum Klimaschutz
  • Ziel 17: Partnerschaften zur Erreichung der Ziele
Bis zum Jahr 2030 sollen die Emissionen mindestens um 55 Prozent reduziert werden. Bisher betrug das Ziel 40 Prozent. Der Titel des EU-Programms „Fit für 55“ bezieht sich also genau auf dieses Ziel für das Jahr 2030 und umfasst eine Reihe von Vorschlägen, wie das EU-Recht dahingehend überarbeitet und aktualisiert werden kann.

Darunter befinden sich auch zahlreiche Anregungen, die sich auf die Steuern von Unternehmen auswirken wie beispielsweise die Änderung der Energiesteuerrichtlinie.

Energiesteuerrichtlinie: Den fossilen Energieträgern geht es an den Kragen

Nach den Vorgaben der Europäischen Union sollen fossile Energieträger künftig stärker besteuert werden als klimafreundlichere Varianten. Das könnte es auch in Deutschland erforderlich machen, die aktuellen Steuertarife im Strom- und Energierecht entsprechend anzupassen.

Dabei bleibt es jedoch abzuwarten, inwieweit sich die EU-Kommission mit diesen Vorgaben tatsächlich durchsetzen kann. Denn aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips in der Europäischen Union ist eine Änderung der Energiesteuerrichtlinie nur mit Zustimmung sämtlicher Mitgliedsstaaten möglich. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass es bis zur endgültigen Verabschiedung noch zu zahlreichen Kompromissen und Änderungen kommen wird.

Aktuell werden die Steuertarife in Deutschland entweder in Liter (volumenabhängig), in Kilogramm (masseabhängig) oder in Megawattstunden ausgewiesen. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht nun vor, dass die Energie- und Stromsteuer künftig bezogen auf den Brennwert ermittelt werden soll. Das heißt, die Besteuerung erfolgt aufgrund der Umweltverträglichkeit und des ökologischen Fußabdrucks des jeweiligen Energieerzeugnisses. Je mehr schädliche Auswirkung ein Energieerzeugnis auf das Klima hat, desto höher soll auch der Steuersatz dafür sein.

Der Vorschlag hätte auch Auswirkungen auf den sogenannten Spitzenausgleich. Dabei handelt es sich um die wohl wichtigste Steuerbefreiung für Unternehmen im Bereich Energie und Strom. Aufgrund der aktuellen gesetzlichen Regelungen (§§ 55 EnergieStG und 10 StromStG) können sich Unternehmen des produzierenden Gewerbes unter bestimmten Voraussetzungen einen großen Anteil der bezahlten Strom- bzw. Energiesteuer vom Hauptzollamt zurückzuholen.

In Zukunft sollen jedoch nur noch energieintensive Unternehmen begünstigt werden. Als Voraussetzung dafür gilt, dass die zu entrichtende Energiesteuer auf nationaler Ebene mindestens ein halbes Prozent des Mehrwerts beträgt oder sich die Energie- und Strombeschaffungskosten auf mindestens drei Prozent des Produktionswerts belaufen. Eine Begünstigung wie sie bisher in Deutschland stattfindet, wäre dann nicht mehr möglich.

Auch wenn der Vorschlag aller Voraussicht nach nicht in vollem Umfang umgesetzt wird, ist davon auszugehen, dass fossile Energieträger künftig wesentlich höher besteuert werden als umweltfreundlichere Varianten. Für Unternehmer bedeutet das deshalb schon jetzt, sich nach passenden Alternativen umzusehen und nicht erst auf den tatsächlichen Vollzug des Gesetzes zu warten.

Umsatz- und Gewerbesteuern werden die großen Themen der nächsten Jahre

Von „Fit für 55“ sind jedoch nicht nur die Energie- und Stromsteuer betroffen, sondern auch die Gewerbesteuer und die Umsatzsteuer. Die Mehrwertsteuersätze in Europa unterscheiden sich erheblich voneinander. Neben dem Normalsatz gibt es in den meisten Ländern auch noch weitere Steuersätze.

Die steuerlichen Vorgaben sollen Unternehmen künftig gezielt in Richtung Nachhaltigkeit lenken. Das ist mit Sicherheit gut für die Umwelt. Eine Entflechtung der unterschiedlichen Steuersätze bei der Umsatzsteuer ist dadurch jedoch eher nicht zu erwarten – im Gegenteil.

Das zeigt sich auch anhand des ermäßigten Steuersatzes für Zugfahrten, der mit 1. Januar 2020 in Deutschland eingeführt wurde. Im Rahmen von Artikel 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 wurde der Steuersatz für die Beförderung von Personen im innerdeutschen Schienenbahnverkehr für den Personenfernverkehr auf sieben Prozent abgesenkt.

Unternehmer sind also gut beraten, diese steuerliche Begünstigung zu nutzen und bei Dienstreisen verstärkt auch die Möglichkeit mit einzubeziehen, mit der Bahn zu fahren, statt mit dem Auto zu fahren oder das Flugzeug als Transportmittel zu wählen. Letzteres gilt insbesondere für Kurzstrecken.

Auch auf die Gewerbesteuer gibt es Auswirkungen. Damit Gemeinden von der Ansiedlung von Wind- und Solarenergieanlagen stärker als bisher profitieren, kam es im Jahr 2021 zu einer Änderung: Die Aufteilung erfolgt nur noch zu 10 statt bisher 30 Prozent nach den Lohnsummen und zu 90 statt bisher 70 Prozent nach der installierten Leistung.

Globale Player müssen die internationale Gesetzgebung im Blickfeld behalten

Wie wichtig die Beachtung internationaler Gesetze ist, zeigt sich am Beispiel der sogenannten EU-Plastiksteuer. Damit handelt es sich im eigentlichen Sinn um keine Steuer, sondern vielmehr um eine Bemessungsgrundlage der Mitgliedstaaten zur Finanzierung der Europäischen Union.

Deutschland hat sich dafür entschieden, die Beiträge dafür aus dem Bundeshaushalt zu bezahlen. Doch andere Länder in der EU wie beispielsweise Spanien oder Italien wählten einen anderen Weg. Sie werden ab dem Jahr 2023 eine sogenannte Plastiksteuer einführen. In Deutschland ist eine Erhebung der dafür erforderlichen Daten für das steuerliche Reporting bisher jedoch gar nicht vorgesehen.

Unternehmen mit gesellschaftlichen Verbindungen nach Italien und Spanien müssen sich also nun Gedanken darüber machen, wie sie die Plastiksteuer überhaupt administrieren sollen.

Den Fokus auf die Chancen richten

Viele Unternehmer befinden die Vorgaben der EU als Ärgernis und Schikane. Doch in der Realität verbergen sich dahinter Maßnahmen, die zum Ziel haben, dass unser Planet auch für kommende Generationen bewohnbar bleibt.

Die unternehmerische Energie sollte deshalb dafür eingesetzt werden, die Chancen zu erkennen, die sich dadurch ergeben. Jede Änderung der Spielregeln hat zur Folge, dass sich der Markt dadurch neu ordnen muss. Und solch eine Neuordnung ist immer auch eine große Chance, als Sieger daraus hervorzugehen.

Wer in seinen Unternehmenszielen verankert hat, dass in der Ausrichtung stets ein großes Augenmerk auf ökologische Faktoren zum Umwelt- und Klimaschutz gelegt wird, kann sich auch organisatorisch entsprechend positionieren. Dabei ist vor allem eine Vernetzung der im Unternehmen vorhandenen Experten entscheidend. Die Buchhaltung und eine externe Steuerberatung sind dabei ebenso gefordert, wie Produktion, Vertrieb und Kundenservice.

Nur wenn das vorhandene Detailwissen regelmäßig wie Puzzlestücke zu einem großen Bild, dem sogenannten „Big Picture“ zusammengefügt wird, lassen sich daraus entsprechende Maßnahmen ableiten, von denen das Unternehmen langfristig profitiert.

 

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