Factoring – optimale Finanzierung für den Mittelstand

Sowohl für Privatpersonen als auch Unternehmen finden sich an den Märkten zahlreiche Finanzierungsvarianten. Eine dieser Finanzierungsmöglichkeiten, die insbesondere für mittelständische Unternehmen oft bestens geeignet ist und die ideale Lösung darstellt, ist das Factoring. Dabei handelt es sich um den Verkauf von Forderungen, meistens an sogenannte Factoring-Gesellschaften.
Factoring einfach erklärt

In unserem Beitrag möchten wir näher darauf eingehen, worum es sich beim Factoring handelt und wie dieses funktioniert. Ferner gehen wir auf die Kosten ein, auf unterschiedliche Factoring-Formen, auf den Unterschied zwischen Factoring und Forfaitierung sowie auf die Vorteile, die mit dieser Variante der Finanzierung verbunden sind.

Was ist Factoring: Factoring Definition

Bei Factoring handelt es sich per Definition um den Verkauf von Forderungen. Genauer gesagt überträgt der Gläubiger einer Forderung, der sogenannte Kreditor, diese Forderungen gegenüber dem Debitor an ein Factoring-Unternehmen. Dieses wird als Factor bezeichnet.

Da der Inhaber der Forderungen sofort Geld für die beispielsweise offenen Rechnungen vom Factor erhält, handelt es sich beim Factoring um eine beliebte Finanzierungsvariante. Dadurch bleibt dem Verkäufer der Forderung seine Liquidität erhalten. Er kann sogar seine Eigenkapitalquote verbessern.

Hinweis
Das Factoring ist vor allem für mittelständische Unternehmen eine äußerst wichtige Finanzierungsvariante, die zudem oft günstiger als die Aufnahme eines Bankkredites ist.

Darüber hinaus ist es eine wesentliche Eigenschaft beim Factoring, dass die benötigte Liquidität nach dem Verkauf der Forderung sehr schnell zur Verfügung steht. Manche Factoring-Gesellschaften übernehmen neben dem Ankauf der Forderung auch das komplette Debitorenmanagement und beim echten Factoring auch das Ausfallrisiko.

 

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Wie funktioniert Factoring: Ablauf beim Factoring

Die Funktionsweise lässt sich beim Factoring in erster Linie dadurch beschreiben, wenn wir uns einmal ein Bild über den Ablauf eines typischen Factoring-Geschäftes beachten. Die grundlegende Funktion besteht beim Factoring darin, dass der Inhaber einer Forderung diese einer Factoring-Gesellschaft veräußert und im Gegenzug unter Abzug von meistens 10 bis 20 Prozent den offenen Rechnungsbetrag erhält.

Der Ankäufer der Forderung wiederum versucht natürlich, dass diese möglichst schnell vom Schuldner (Debitor) beglichen wird. Der typische Ablauf beim Factoring sieht in der Regel wie folgt aus:

Factoring: Typischer Ablauf

  1. Die Forderung entsteht, zum Beispiel durch die Lieferung von Waren
  2. Lieferant sucht eine Factoring-Gesellschaft und bietet die entsprechenden Forderungen zum Ankauf an
  3. Der sogenannte Factor prüft die Bonität der Schuldner
  4. Factoring-Gesellschaft kauft die Forderungen vom Lieferanten und Inhaber der Forderung an
  5. Lieferant erhält vom Factoring-Unternehmen – in der Regel nach maximal zwei Tagen – den Forderungsgegenwert abzüglich eines bestimmten Abschlages
  6. Factoring-Unternehmen kontaktiert den Schuldner mit der Bitte, die Forderung zu begleichen
Im Rahmen einer durchaus üblichen Vereinbarung kann es sein, dass der Factor im ersten Schritt nicht die volle Forderungssumme wegen eines Abschlages an den Lieferanten bzw. Forderungsinhaber überweist. Manchmal geschieht dies erst, nachdem der Debitor die bis dato offene Forderung vollständig beglichen hat. Allerdings beträgt die zurückgehaltene Summe als Anteil der Forderung normalerweise maximal 15 bis 20 Prozent.

Welche Kosten entstehen beim Factoring und wie setzen sie sich zusammen?

Das Factoring ist für den Inhaber einer Forderung eine sehr gute Finanzierungslösung, allerdings naturgemäß nicht kostenfrei. In erster Linie setzen sich die vom Forderungsinhaber zu tragenden Kosten aus einer Factoring-Gebühr sowie – allerdings nicht immer – aus Zinsen zusammen. Bei der Factoring-Gebühr handelt es sich praktisch um ein Entgelt für das Ausfallrisiko, welches der Ankäufer der Forderung übernimmt.

Darüber hinaus wird durch die Factoring-Gebühr der gesamte Service abgegolten, der seitens der Factoring-Gesellschaft erbracht wird. Ferner wird in der Regel nicht der gesamte Kaufpreis der Forderungen sofort an den Verkäufer bezahlt, sondern es wird meistens ein Teil zwischen 10 bis 20 Prozent einbehalten. Dieser wird dann überwiesen, wenn die Forderung seitens des Schuldners beglichen wurde.

Wie hoch die Kosten für den Inhaber der Forderung letztendlich ausfallen, ist von mehreren Faktoren abhängig, wie zum Beispiel:

  • Jahresumsatz der abzutretenden Forderungen
  • Anzahl der Kunden (Debitoren)
  • Anzahl der Rechnungen
  • Kosten des Verfahrens
  • Kreditversicherung ja oder nein
  • Finanzierungslinie
All diese Faktoren in der Summe führen dazu, welche Kosten der Factor in Rechnung stellt. Ein wichtiger Aspekt ist unter anderem die Finanzierungslinie. Bezogen auf den Umsatz beläuft sich die Factoring-Gebühr normalerweise im Bereich zwischen 0,3 bis 0,9 Prozent. Dabei folgt sie normalerweise Regel, dass die Gebühr umso höher ist, desto geringer der jährliche Umsatz des Inhabers der Forderungen ist.

Außer den Factoring-Gebühren wird fast immer ein Factoring-Zins erhoben. Dieser beläuft sich beispielsweise auf zwei oder vier Prozent. Wie hoch die zu zahlenden Zinsen in der Summe anfallen, hängt vor allem davon ab, wie zeitig die Kunden des Forderungsinhabers ihre entsprechenden Rechnungen bezahlen.

Welche Gebühren insgesamt beim Factoring für ein beispielsweise mittelständisches Unternehmen anfallen können, möchten wir am folgenden Beispiel erläutern:

Beispiel Factoring Gebühren

Monatliches Forderungsvolumen: 80.000 Euro
Factoringgebühr: 0,9 %
Factoring-Zins: 3 %
Die monatlichen Gesamtgebühren würden sich demzufolge auf 920 Euro belaufen. Sie setzen sich zusammen aus der Factoring-Gebühr in Höhe von 720 Euro im Monat sowie dem Factoring-Zins für einen Monat Höhe von 200 Euro.

Welche Factoring-Formen gibt es?

Es gibt nicht nur das eine Factoring, sondern am Markt werden unterschiedliche Factoring-Formen angeboten. Eine bekannte Unterscheidung gibt es zwischen dem sogenannten echten und dem unechten Factoring.

Vom echten Factoring wird immer dann gesprochen, wenn der jeweilige Factor, also der Ankäufer der Forderung, auch das sogenannte Delkredererisiko übernimmt. Das bedeutet, dass er im schlechtesten Fall auf den Forderungen sitzen bleibt, wenn diese seitens der Debitoren nicht bezahlt werden.

Das echte Factoring unterscheidet sich vom unechten dadurch, dass es sich dabei im Grunde nur um ein Darlehen handelt. In diesem Fall wird die Forderung in erster Linie abgetreten, um einen Kredit abzusichern. Die Kreditsumme ist dabei in der Regel identisch mit der Summe der offenen Forderungen.

Bei einem Ausfall handelt es sich um den finanziellen Schaden des Forderungsinhabers. Hierzulande wird in den weitaus meisten Fällen das echte Factoring angewendet.

Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit der verschiedenen Factoring-Formen bezieht sich darauf, auf welche Art und Weise die Forderungsabtretung stattfindet. Diesbezüglich werden insbesondere die folgenden Factoring-Varianten unterschieden:

Factoring Varianten

  • Offenes Factoring
  • Halboffenes Factoring
  • Stilles Factoring
Kennzeichnend für das offene Factoring, welches alternativ auch als Notification-Factoring bezeichnet wird, ist die Tatsache, dass der jeweiligen Schuldner (Debitor) darüber informiert wird, dass eine Abtretung der Forderung gegen ihn stattgefunden hat. Eine Folgewirkung besteht darin, dass Zahlungen seitens des Debitors nur dann schuldenbefreiend sind, wenn sie direkt an das Factoring-Unternehmen geleistet werden.

Vom halboffenen Factoring wird dann gesprochen, wenn der Debitor nicht darüber informiert wird, dass eine Abtretung seiner Forderung stattgefunden hat. Allerdings wird dennoch eine Bankverbindung genannt, an welche er die Zahlung zu leisten hat, die wiederum zum Factoring-Unternehmen gehört. Auch dadurch wird erreicht, dass der Zahlbetrag direkt bei der Factoring-Gesellschaft verbucht wird.

Eine dritte Variante ist das stille Factoring. In dem Fall wird der Schuldner ebenfalls nicht für die Abtretung der Forderung informiert. Zudem wird kein Zahlkonto genannt, welches dem Factor gehört. Ein Problem besteht beim stillen Factoring für das Factoring-Unternehmen jedoch vor allem darin, dass keine Gelegenheit existiert, die Forderung zu verifizieren. Somit könnte der Forderungsinhaber durchaus solche Forderungen an die Gesellschaft verkaufen, die in Wirklichkeit nicht existieren.

Sonderformen beim Factoring

Neben den genannten Factoring-Arten gibt es noch einige Sonderformen, von denen wir allerdings nur auf das relativ bekannte Reverse-Factoring eingehen möchten. Zu den besonders Formen zählen insbesondere:

  • Export- und Import-Factoring
  • Fälligkeits-Factoring
  • VOB-Factoring
  • Anwalts- und Steuerberater-Factoring

Worum handelt es sich beim Reverse-Factoring?

Ebenfalls zu den Sonderformen zählt das sogenannte Reverse-Factoring. Zunächst einmal besteht eine Gemeinsamkeit zwischen dem Reverse-Factoring und dem klassischen Factoring darin, dass auch in diesem Fall die Factoring-Gesellschaft Forderungen ankauft. Allerdings richtet sich das Reverse-Factoring an die Lieferantenseite.

Das Reverse Factoring wird nämlich in diesem Fall vom Abnehmer initiiert, was den Vorteil hat, dass längere Zahlungsziele genutzt werden können. Zu diesem Zweck wird zwischen dem Abnehmer und dem Factoring-Unternehmen ein Rahmenvertrag abgeschlossen. Innerhalb dieses Vertrages geht die Factoring-Gesellschaft in erster Linie die Verpflichtung ein, eine Vollfinanzierung der Forderungen des Forderungsinhabers durchzuführen.

Was ist der Unterschied zwischen Factoring und Forfaitierung?

Nicht selten werden die Begriffe Factoring und Forfaitierung synonym verwendet. Fachlich korrekt ist das allerdings nicht, denn es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen diesen zwei Finanzierungsvarianten.

Kennzeichnend für das Factoring ist nämlich, dass häufig ein Ankauf von Forderungen stattfindet, die erst zu einem späteren Zeitpunkt entstehen oder die oftmals noch unbekannt sind.

Demgegenüber ist es typisch für die Forfaitierung, dass konkret existierende Forderungen angekauft werden, die eindeutig zu identifizieren und dementsprechend schon genau bekannt sind.

Welche Vorteile bietet das Factoring als Finanzierungsvariante?

Wie wir schon mehrfach erwähnt haben, sind es vor allem mittelständische Unternehmen, für die das Factoring nicht selten eine optimale Finanzierungsvariante darstellt. Dies ist in erster Linie auf die verschiedenen Vorteile zurückzuführen, die mit Factoring verbunden sind.

Vorteile Factoring

  • Bonität wird gestärkt
  • Ausfallrisiken werden verringert
  • Liquidität wird erhöht
  • Debitorenmanagement kann ausgelagert werden
  • Erleichterter Aufbau von Kundenbeziehungen
Einen wesentlichen Vorteil sehen unter anderem mittelständische Unternehmen beim Factoring darin, dass durch die zusätzliche Liquidität die eigene Bonität gestärkt wird.

Der Grund ist die sogenannte Bilanzverkürzung, da die an das Factoring-Unternehmen veräußerten Forderungen nicht mehr als offene Forderungen in der Bilanz des Unternehmens aufzuführen sind. Trotzdem kann der Forderungsinhaber in vollem Umfang über die liquiden Mittel verfügen. Das wiederum verbessert häufig in der Summe die Kreditwürdigkeit des Unternehmens.

Einen zweiten großen Vorteil sehen die meisten Unternehmen, die sich für das Factoring entscheiden, in der erhöhten Liquidität. Normalerweise werden innerhalb von zwei Tagen zwischen 80 bis 90 Prozent der Gesamtforderungssumme seitens der Factoring-Gesellschaft direkt an den Forderungsinhaber überwiesen.

Somit stehen die liquiden Mittel sehr schnell zur Verfügung und tragen dementsprechend zu einem höheren Eigenkapital bei. Das wiederum kann im positiven Sinne dazu führen, dass bestimmte Geschäfte schneller durchgeführt und Investitionen zügig getätigt werden können.

Der Aufbau von Kundenbeziehungen wird deshalb durch das Factoring erleichtert, weil die Anbieter wie Verkäufer und Lieferanten ihren Kunden ein Skonto einräumen können, da ihnen die liquiden Mittel durch den Verkauf der Forderungen schnell zur Verfügung stehen. Solche „Rabatte“ wiederum sind für Kunden nicht selten ein Anreiz, sich dauerhaft für den Anbieter zu entscheiden.

Fazit zum Factoring

Factoring ist vor allem für mittelständische Unternehmen eine einfache und hilfreiche Finanzierungsvariante.

Auf die Weise kann sich der Inhaber von Forderungen schnell Liquidität schaffen und sogar sein Ausfallrisiko – je nach Factoringvertrag – abgeben.

Dadurch steigt die Bonität und es können eventuell aufgrund möglicher Skonti sogar neue Kunden gewonnen und bestehende Kunden gehalten werden.

 

Photo by Josefa nDiaz on Unsplash