Der Firmenverkauf: Ablauf und Tipps für Einsteiger

Der Firmenverkauf eines kleinen und mittelständischen Unternehmens ist eine enorme Herausforderung und zugleich eine Chance. Die Gründerfamilie oder der derzeitige Inhaber möchten sich zur Ruhe setzen und neben einem Verkaufserlös auch das gute Gefühl erhalten, dass ihr Unternehmen fortgeführt wird.
So geht Firmenverkauf

In der Tageszeitung ist leider meist nur im Regionalteil was davon zu lesen, wenn beispielsweise leichte Veränderungen im Sortiment vorgenommen werden. Oder der neue Inhaber betont, dass die bisherige Qualitätsphilosophie weiter verfolgt wird. Die wirtschaftliche Bedeutung aber ist enorm! Die Kreditanstalt für Wiederaufbau schätzte die Anzahl der im Jahr 2018 und 2019 zu verkaufenden Unternehmen auf stattliche 240.000 Unternehmen.

Was versteht man unter einem Firmenverkauf?

Der Firmenverkauf im Mittelstand dreht sich meist darum, dass der bisherige Eigentümer nicht mehr im Unternehmen geschäftlich tätig sein möchte. Das Unternehmen soll aber möglichst fortgeführt werden, der bisherige Eigentümer möchte für das Unternehmen bzw. seine Lebensleistung einen angemessenen Preis erzielen können.

Ein wesentliches Motiv ist die gebundenen, inneren Reserven des Unternehmens freizulegen und diese in einen Bargeld- bzw. Liquiditätsbestand für die Rentenphase zu überführen. Dieses häufige Motiv der Nachfolger- und gleichzeitig Inhabersuche wird oftmals auch als Unternehmensnachfolge bezeichnet.

Das Institut für Mittelstandsforschung sprach im Jahr 2017 von 3,47 Millionen Unternehmen, die zu den kleinen und mittleren Unternehmen gehören würden. Wenn du daran denkst, in welchem Alter jemand ein Unternehmen üblicherweise gründet, und dass er vielleicht irgendwo im Alter von 65 bis 70 Jahren in Rente geht, dann kannst du sehr gut abschätzen: Der Firmenverkauf hat eine erhebliche Bedeutung.

HINWEIS
Bei all der Faszination für das aufgebaute und das dann abzugebende Unternehmen sollte immer daran gedacht werden, dass es sich um eine Geschäftstransaktion handelt. Diese klare Festlegung beugt Missverständnissen und späteren Reibungsverlusten vor.

Wie läuft ein Firmenverkauf ab? Wer kann dabei unterstützen?

Ein Firmenverkauf läuft optimaler Weise (und wenn es sich nicht um einen schnellen Verkauf wegen einer Krisensituation handelt) in zeitlich geordneten Bahnen ab. Ein größerer zeitlicher Vorlauf und die rechtzeitige Information aller Beteiligten sorgen für eine klare Übergabe-Struktur und dafür, dass für das Unternehmen ein fairer Preis erzielt werden kann.

Stolperfallen vermeiden: Offene Kommunikation und interne Nachfolger-Suche als Wegbereiter

Im nächsten Abschnitt wirst du Einiges darüber erfahren mit welchen Verfahren und Methoden eine Unternehmensbewertung vorgenommen werden kann. Die meisten betriebswirtschaftlichen oder auch Finanz-Kennzahlen gehen dabei von einer Fortführungsprognose (dem so genannten „Going Concern“) aus und nicht von einer Zerteilung des Unternehmens.

Deshalb sollte der Unternehmensinhaber am besten schon einige Monate vor dem Verkauf klar nach innen und außen kommunizieren. Beispielsweise mit einer allgemeiner gehaltenen Information, dass der Inhaber in etwa einem halben oder ganzen Jahr in den Ruhestand gehen möchte.

Das vermeidet insbesondere in kleinen Unternehmen Beunruhigung und Motivationsverluste, wenn plötzlich Interessenten auftauchen oder der eine oder andere Wortfetzen nach draußen dringen würde.

Zudem gibt dieses unverbindliche Signal den eigenen gewerblichen und kaufmännischen Führungskräften die Gelegenheit darüber nachzudenken, ob das Unternehmen vielleicht intern weitergeführt werden soll. Die eigenen Meister, Teamleiter oder ähnliche Funktionen werden bei Nichtinteresse weniger Widerstand leisten, weil sie nicht einfach überrumpelt worden sind.

Denn:
Ohne interne Akzeptanz kann es viel schneller als gewünscht zum Weggang gerade von engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommen.

Unterstützung von außen: Gründungskredite gibt es auch für die Unternehmensnachfolge

Der Firmenverkauf, die Unternehmensnachfolge haben eine so hohe wirtschaftliche Bedeutung, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau diese durch zinsvergünstigte Darlehen oder auch Direktförderungen unterstützt. Die Übernahme bestehender Unternehmen wird explizit als Verwendungszweck für KfW-Darlehen genannt.

Die Aufnahme eines Firmenkredits für eine Übernahme hat zudem den Vorteil, dass die einen Kredit vergebende Bank die Zukunftsaussichten bzw. die Tragfähigkeit des Investments prüfen kann. Deshalb kann gesagt werden, dass auch die finanzierende Bank die Firmenübernahme unterstützt.

Zu den Tätigkeiten der Bank kann auch das Zusammenführen von Interessenten für eine Firma und Inhabern mit Verkaufsabsicht gehören. Diese Dienstleistung wird oftmals unter dem aus dem Englischen inspirierten Begriff von „Mergers & Acquisitions“ angeboten.

Ein kurzer Einblick in die Unternehmensbewertung: Wie kann ein fairer Wert gefunden werden?

Eine oder die wesentliche Kennzahl beim Firmenverkauf ist der Gesamtwert des Unternehmens und insbesondere auf welche Berechnungs- und Bezahlmodalitäten sich der Verkäufer und Käufer einigen können oder wollen. Diese Kennzahl kann sich aus verschiedenen Bestandteilen zusammensetzen, die je nach Branche, Region oder auch Konjunkturzyklus ganz unterschiedlich sind.

Weitere Schwierigkeit:
Käufer und Verkäufer können durchaus sowie berechtigterweise unterschiedliche Prioritäten bei der Gewichtung der einzelnen Faktoren setzen.

Das Ertragswertverfahren bzw. die Abzinsung der erwarteten Unternehmensgewinne

Eine Idee für die passende Festlegung des Unternehmenswertes bzw. Kaufpreises basiert auf einer Vergleichbarkeit verschiedener Unternehmen anhand der erwarteten, zukünftigen Erträge. Details zur Berechnung können einem der gängigen Wirtschaftslexika entnommen werden, deshalb hier nur die Grundidee:

Ein Unternehmen bzw. eine Investition wird für den Käufer umso wertvoller je mehr Ertrags-Euro pro investiertem Euro erzielt werden können. Deshalb werden die erwarteten Gewinne dieses Jahres und der nächsten Jahre geschätzt und auf den heutigen Zeitpunkt heruntergezinst.

Oftmals wird hier mit einem Szenario einer guten und einer schlechten Unternehmensentwicklung hochgerechnet und es stehen dann zwei oder drei unterschiedliche Zahlenwerte zur Verfügung. Das Problem dabei: Diese Betrachtungsweise muss noch in Beziehung zum investierten Kapital gesetzt werden, um ein vollständiges Bild erhalten zu können.

Sachwerte und Anlagevermögen: Bewertung der im Unternehmen gebundenen Substanz

Gerade in produzierenden oder verarbeitenden Unternehmen der Primär- und Sekundärindustrie greift die reine Ertragswertbetrachtung leider etwas zu kurz. Die Betrachtung sollte unbedingt ergänzt werden um die Zahlen und Fakten derjenigen Gegenstände, die langfristig im Unternehmen gebunden sind und für den Wertschöpfungsprozess genutzt werden. Für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe liegt schon eine klare Bewertung anhand der Beschaffungspreise vor. Allerdings wird ein wesentlicher Teil des Unternehmenskapitals wohl in Anlagen und Maschinen (materielle Wirtschaftsgüter) oder auch immateriellen Gütern (Software, Lizenzen) gebunden sein:

Der immaterielle Unternehmenswert („Good Will“)

Die Vermögensposition des immateriellen Unternehmenswertes bzw. „Good Wills“ besteht aus vielen Posten, die nicht der Bilanz entnommen werden können. Beispiele für solche Werte des Unternehmens sind:

  • Die Markenbekanntheit, der gute Ruf oder auch die Bewertungen im Internet: Diese senken bei Neukunden die Hemmschwelle für einen Einkauf und bedeuten eine oftmals erhebliche Verbesserung der Kostenposition. Zu diesem Marken-Wert können auch die guten Bewertungen auf Portalen beginnend bei Google bis hin zu ekomi & Co. gehören.
  • Rezepturen, Herstellungsprozesse oder Erfahrungswerte: Diese lassen sich unterteilen in Vermögensgegenstände, die beispielsweise als Patent, Warenzeichen oder Geschmacksmuster angemeldet sind. Für diese lässt sich vielleicht noch eine Bewertung erstellen. Schwieriger wird es bei Erfahrungswerten, „Best Practices“ und ähnlichem! Der Vorsprung des Unternehmens gegenüber dem Wettbewerb lässt sich hier nur schätzen.
  • Die knappe Ressource Mensch – gerechnet auf einige Jahre in die Zukunft: Viele Käufer eines Unternehmens schätzen neben einem vorhandenen Kundenstamm insbesondere auch das Wissen einer eingespielten Mannschaft. Da sich zudem die Unternehmen mehr und mehr im Wettbewerb („Kampf um Talente“) befinden, wird eine gute Belegschaft mehr und mehr zum Erfolgsfaktor.

Die Suche nach einem Nachfolger beginnt: IHK und mittelstandsorientierte Banken

Die Ankündigung des Willens sich demnächst zurückzuziehen, erfolgt weitestgehend unternehmensöffentlich und vielleicht sogar gegenüber ausgewählten, guten Kunden.

Die Unternehmensbewertung und die entsprechenden Bestandteile bzw. Werte bleiben – wie bei nicht-börsennotierten Unternehmen üblich – allerdings vertraulich. Und sollten nur dem Unternehmensinhaber und vielleicht noch einem weiteren, zur Vertraulichkeit verpflichteten Mitarbeiter (beispielsweise dem loyalen Buchhaltungsleiter) bekannt gegeben werden.

Denn: Die Preisvorstellung bzw. die ungefähre Kaufsumme beschreibt welche Zielgruppe für den Firmenverkauf bzw. die Nachfolgeregelung in Frage kommt. Also eher der junge Gründer bzw. Handwerksmeister, der sich in einem erprobten Rahmen selbstständig machen möchte (IHK fragen) oder ein Großunternehmen mit der Finanzkraft und dem Mut einen großen Produktionsbetrieb zu übernehmen.

HINWEIS
Neben dem Umsatz und der Unternehmensbewertung ist sicherlich auch die Mitarbeiterzahl ein Kriterium dafür welche Käufergruppe in Frage kommt!

Was sind die Vor- und Nachteile eines Firmenverkaufs aus Sicht des Käufers?

Der Löwenanteil der Vor- und Nachteile beim Firmenverkauf steht direkt in der Verbindung mit demjenigen Unternehmen, welches gekauft werden soll. Manche Nachteile sehen auf den ersten Blick gravierend aus – verwandeln sich aber bei Betrachtung von der anderen Seite in echte Vorteile:

Denke beispielsweise mal an die Frage der Gehaltsstruktur! Gerade bei einem größeren Unternehmen stehst du als Firmenkäufer vor dem praktisch in allen Branchen großen Kostenblock der Personalkosten. Bei einer Neugründung könntest du beispielsweise alle Mitarbeiter befristet einstellen und dich jederzeit trennen, falls es nicht funktioniert.

Dieser scheinbare Nachteil kann aber ein wesentlicher Vorteil sein: Der Personalbestand und dessen Kosten sind gleich von Anfang an bekannt und du musst dich nicht mit einer Neueinstellung sowie Einarbeitung für jede einzelne Funktion des Unternehmens befassen. Wenn du tatsächlich mit Einzelnen nicht zurechtkommen würdest, dann gibt es ja meist die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung mit Zahlung einer Abfindung (etwa 1 Monatsbrutto pro Jahr der Betriebszugehörigkeit).

Der Firmenkauf verlangt ein hohes Maß an Selbstbewusstsein und Durchsetzungsfähigkeit

Der Kauf eines Unternehmens kann neben den klassischen Chancen und Risiken des Unternehmertums auch ein weiteres, emotionales Risiko mit sich bringen, wenn beim Firmenverkauf nicht klare Grenzen zwischen dem bisherigen und dem neuen Inhaber gezogen werden.

Ein klassischer Fehler wäre den früheren Inhaber in einer Teilzeitposition oder als 450 Euro-Kraft weiter zu beschäftigen, bloß weil sich für ihn dadurch Vorteile bei Renten- und Krankenversicherung ergeben würden. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleibt dieser dann jahrelang doch immer noch „der Chef“, obwohl ihm das Unternehmen schon lange nicht mehr gehört.

Dieser wesentliche Nachteil kann aber in einen Vorteil dadurch verwandelt werden, wenn vertraglich eine klare Grenze gezogen wird. So könnte zum Beispiel vereinbart werden, dass der frühere Inhaber die Geschäftsräume nicht mehr betreten darf, er aber dem Firmenkäufer als eine Art Berater noch einige Zeit zur Seite steht.

Fazit

Sowohl der Käufer als auch der Verkäufer sollten sich dessen bewusst sein, dass ein Firmenverkauf bzw. Firmenkauf zu den wichtigsten Ereignissen ihres wirtschaftlichen Lebens gehört. Obwohl es sich natürlich auch um eine emotionale Angelegenheit handelt, sollten beide Seiten genau auf die Zahlen achten und versuchen einen fairen Mittelwert zwischen den Preisvorstellungen zu finden. Für die gesamte Abwicklung des Firmenverkaufs sollte genug Zeit eingeplant werden.

 

Bildquelle: Pexels.com / LinkedIn Sales Navigator